1. Motivation
Die Zahl der Stiftungsgründungen ist zwar mit 583 selbständigen Stiftungen (Statistik Bundesverband Deutscher Stiftungen 2016) in der aktuellen Niedrigzinsphase leicht rückläufig. Die Motive zu stiften sind jedoch unverändert und Stiftungsengagement hat seinen festen Platz in unserer Gesellschaft. Verantwortung zurückgeben, Teilhabe, die Fortführung eines Lebenswerkes, persönliche Schicksalsschläge usw. bestimmen stifterisches Handeln auch und vielleicht besonders in schwierigen Zeiten. Dafür gibt es in der fast tausendjährigen Tradition des Stiftens in Deutschland genügend Belege. Auch sein Lebenswerk für die Nachwelt zu erhalten, ist ein starker Motivator. So erweist sich eine Stiftungsgründung oftmals als Lösungsansatz, wenn Kinder oder andere Angehörige als Erben fehlen oder die Gefahr einer Zersplitterung des Vermögens durch die Erbfolge droht. Dies gilt auch in Zeiten schwieriger Ertragslage.
2. Rechtsformwahl
Die erste Weichenstellung im Gründungsprozess ist die Abwägung der sinnvollen Rechtsform für das konkrete Vorhaben. Schnell steht der Wunsch nach einer eigenen Stiftung im Fokus. Für geringere Beträge ab 10.000 EUR eignet sich eine Treuhandstiftung, die ein Treuhänder unter seinem Dach verwaltet. Wer sich mit einem geringeren Betrag stifterisch betätigen möchte, kann sein Geld auch als Zustiftung einer bestehenden Stiftung zukommen lassen. Auch die gemeinnützige GmbH ist eine immer beliebtere Rechtsform, sich gemeinnützig wirtschaftlich zu betätigen. Sie eignet sich für das Engagement zu Lebzeiten, ist aber keine Alternative zur dauerhaften Überlassung des Vermögens nach dem Ableben.
3. Flexible Satzungsgestaltung
In der Gründungsberatung einer Stiftung gilt der Leitsatz: den Stiftungszweck so weit wie möglich und so eng wie nötig festlegen. So kann sich die Stiftung Schwankungen in der Ertragslage, aber auch in der Aktivität und Vitalität über Generationen hinweg, anpassen. So ist beispielsweise einer neu zu errichtenden Stiftung mit dem Stiftungszweck der Vergabe von Preisen oder Stipendien zu empfehlen, dies in der Satzung möglichst allgemein zu halten und dann konkrete, aber änderbare, Förderrichtlinien als Leitlinie zu erarbeiten, um der Stiftung Flexibilität und damit Handlungsfähigkeit zu erhalten. Denn die Stiftungsatzung ist ab dem Zeitpunkt der Anerkennung aufgrund des statuierten Stifterwillens nur noch sehr eingeschränkt abänderbar.
4. Kapitalausstattung
Eine eigene rechtsfähige Stiftung kann bereits ab 50.000 EUR ins Leben gerufen werden, ist aber erst ab mindestens 500.000 EUR Grundstockvermögen sinnvoll und zu empfehlen. Es sei denn, der Stifter oder die Stifterin hat eine realistische Perspektive, mit der zu gründenden Stiftung langfristig professionelles Fundraising und Drittmitteleinwerbung zu betreiben. Eine solche Entscheidung ist bereits in der Errichtungsphase zu fällen, denn sie erfordert professionellen Personal- und Ressourceneinsatz im immer härter umkämpften Spendenmarkt.
5. Verhältnismäßigkeit zwischen Kapitalausstattung und Zweckverwirklichung
Stifter sollten bereits in der frühen Gründungsphase die Verhältnismäßigkeit zwischen Kapitalausstattung und Zweckverwirklichung abklären. Die Aussicht auf eine gering dotierte Stiftung mit kaum Chancen auf realistische Drittmitteleinwerbung, sei es aus Kapazitätsgründen oder auch aus der eigenen Haltung zum Thema Fundraising heraus, hat genauso eine Daseinsberechtigung wie eine reich dotierte Stiftungoder auch dauerhaft erfolgreich fundraisende „Bettel“-Stiftung. Wichtig: Der ausgewählte Stiftungszweck muss in jedem Fall mit dem Grundstockvermögen der Stiftung in Einklang stehen. So sollte sich eine neu zu errichtende, gering dotierte Stiftung mit dem Stiftungszweck Denkmalschutz einem überschaubaren Zweck widmen, wie etwa der Restaurierung einzelner Kunstgegenstände oder Teilen davon. Das macht den Stifter langfristig glücklicher und die Stiftungsarbeit erfolgreicher, als sich absehbar „zu überheben“ und dauerhaft defizitär zu sein.
6. Professionalisierung der Stiftungsstruktur
Vor dem Hintergrund einer anhaltenden Niedrigzinsphase ist es wichtiger denn je, sich effizient aufzustellen. Das betrifft eine kluge Personalpolitik, machbare Zielstellungen ebenso wie eine stimmige Positionierung in der „Stiftungslandschaft“. So ist es in der Errichtungsphase einer Stiftung un abdingbar, langfristig zu planen. Das gilt bereits für die Phase der Namensfindung, Zweckbenennung oder angestrebten Zielverwirklichung sowie der Gremienbesetzung. Wenn die geplante Stiftung absehbar oder auch langfristig Drittmittel einwerben muss oder auf Kooperationen mit anderen Stiftungen oder öffentlichen Institutionen angewiesen ist, sollte der Stifter dies frühzeitig berücksichtigen und in seine Überlegungen einfließen lassen. Alle Stiftungen, die Mittel einwerben, müssen in der Öffentlichkeit, insbesondere bei ihrer Zielgruppe, sichtbar sein und im Internet gefunden werden können (u.a. wertiger Internetauftritt, Suchmaschinenoptimierung, Spendentool). Sie müssen ihre Zielgruppe ansprechen, diese begeistern und Freude am „dabei sein“ auslösen. Dies erfordert ein klares Konzept und eine professionelle Herangehensweise. Aspekte wie etwa Alleinstellung und Außenwirkung entscheiden über den späteren Erfolg.
7. Anlagestrategie
Erfolgreiche Stiftungsarbeit erfordert ein klares Anlagekonzept. Jeder Stifter sollte „seiner Stiftung“ frühzeitig Anlagerichtlinien mit auf den Weg geben. Zwangsläufig ist in diesen Zeiten niedrigerer Ertragslage in risikoreichere Anlageklassen zu investieren. Die Stiftungsaufsichtsbehörden zeigen sich hier mit ihrer Haltung in letzter Zeit „großzügiger“. Die Sorge um eine persönliche Haftung von Vorstandsmitgliedern ist vielfach unbegründet. Vor allem bei den überwiegend ehrenamtlichen Gremienmitgliedern hat eine vorübergehende Schmälerung des Grundstockvermögens keine persönlichen Konsequenzen zur Folge, wenn eine fachkundige Begleitung und Dokumentation der Anlageentscheidungen nachgewiesen werden kann. Die Einrichtung eines Anlageausschusses, auch mit externer Unterstützung durch Spezialisten ist anzuraten.
8. Kooperation und Vernetzung
Gerade in schwierigen Zeiten ist es erforderlich, sich zu verbinden und Gemeinsames zu betonen. Dafür stehen erfolgreiche Kooperationen von Stiftungen ebenso wie projektbezogene Partnerschaften. Beispielsweise macht es Sinn, als neu zu errichtende Umweltstiftung von vornherein an Themen wie etwa Bildung, Demographie, Kunst oder andere Stiftungszwecke zu denken und mit geeigneten Stiftungen über mögliche Kooperationen und Netzwerke nachzudenken. Hilfreich ist hier ein klares inhaltliches Konzept, ein Leitbild, eine Vision der neuen Stiftung, das dann Schritt für Schritt mit Partnern arbeitsteilig umgesetzt wird.
9. Verbrauchsstiftung
Seit einigen Jahren gibt es die Möglichkeit der Gründung einer Verbrauchsstiftung. Damit kann neben den Erträgen auch das Grundstockvermögen bei einer Laufzeit von mindestens 10 Jahren für den Stiftungszweck ausgeschüttet werden. So kann eine Stiftung in diesem begrenzten Zeitraum auch bei geringen Erträgen sinnvolle Stiftungsarbeit leisten. Ein Zeitraum von 30 Jahren nach dem Ableben des Stifters hat sich als praxistauglich erwiesen. Zu beachten ist dabei, dass der besondere Sonderausgabenabzug für Spenden in das Vermögen einer Stiftung nicht für Verbrauchsstiftungen gilt.
10. Umdenken in Stiftungsaufsichten, Stiftungsdachverbänden und Stiftungen selbst
In der Krise liegt die Chance! Dies gilt auch für den Stiftungssektor. Die anhaltende Niedrigzinssituation zwingt zum Umdenken und Zulassen alternativer Lösungsansätze auf allen Seiten. Das gilt für Stiftungsaufsichten ebenso wie für Stiftungsnetzwerke oder die großen deutschen Stiftungsdachverbände. In der alltäglichen Beratungspraxis stehen daher Professionalisierung der Stiftungs- und Gremienarbeit, Vernetzung wie etwa Stiftungskooperationen, Pooling-Lösungen in der Vermögensanlage, mehr Flexibilität und Transparenz in der Beratung sowie alternative Anlageformen immer mehr im Fokus. Haben Sie ruhig den Mut auch einmal neue Ideen zu entwickeln.